Von Daniela Pastere (Head of Social Media Advertising), Niklas Kolell (Marketing Consultant) & Laura Schawert (Marketing Consultant)
Das Jahr 2023 neigt sich dem Ende zu, und es ist an der Zeit, die wichtigsten Entwicklungen und Veränderungen im Bereich Social Media zu reflektieren. Vermeintliche Hypes des letzten Jahres, so das Thema Social Commerce, insbesondere Live-Shopping, sind etwas in den Hintergrund gerückt, bei BeReal ist die Nutzer:innenzahl seit 2022 stark gesunken und an die Verknüpfung von NFTs mit eigenen Social-Media-Profilen erinnert sich niemand mehr. Einige Themen haben im Vergleich zum letzten Jahr weiter an Relevanz gewonnen, insbesondere UGC-Inhalte und die Suche auf Social-Media-Plattformen. Das Drama rund um Elon Musk und seiner Plattform X setzt sich fort, nun gibt es auch viele neue Alternativen wie Threads oder Bluesky, die der Plattform Konkurrenz machen.
Natürlich kamen von Social-Media-Plattformen eine Menge neuer Formate und Features, jedoch auch einige Einschränkungen dazu. Das größte Thema dieses Jahres? Auch im Bereich Social Media haben die neuesten Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz viele Veränderungen mit sich gebracht, von integrierten Chatbots und Skriptgenerierung für Anzeigen bis zu zahlreichen Optimierungsoptionen von Anzeigen.
Wir haben einige Themen ausgewählt, die das Jahr 2023 im Bereich Social Media stark geprägt haben.
1. Weiterentwicklung der Suche auf Social-Media-Plattformen
Das Thema “Soziale Plattformen als die neue Suchmaschine“ hat im Jahr 2022 hat an Relevanz gewonnen, als die Ergebnisse einer internen Google-Studie bekannt wurden: Fast 40 Prozent der US-Nutzer:innen im Alter von 18 bis 24 Jahren suchen lieber interaktive Inhalte auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und TikTok als über klassische Suchmaschinen. Insbesondere für lokale Geheimtipps, Reiseplanung und Produktinspiration werden soziale Netzwerke bevorzugt.
In diesem Jahr haben die Social-Media-Plattformen einige Features für Nutzer:innen angeboten, damit sie einfacher relevante Inhalte direkt in den Social Apps finden. Auch für Werbetreibende gab es einige neue Optionen, um Nutzer:innen während der Suche anzusprechen.
Zum Beispiel hat Meta im März eine neue Platzierung für Anzeigen eingeführt: Die Suchergebnisse auf Instagram. So können Werbetreibende Nutzer:innen mit passenden Inhalten adressieren, die eine Antwort auf ihre Suchanfrage liefern. Derzeit werden Anzeigen auf dieser Platzierung kaum ausgeliefert, zudem ist sie nur in Kombination mit anderen Platzierungen buchbar.
Im September konnten einige Nutzer:innen in der TikTok-Suche auch Links zu Google-Suchergebnissen finden. TikTok hat dazu mit der weltweit größten Suchmaschine kooperiert, um Suchenden passende Ergebnisse bieten zu können. Es handelte sich lediglich um einen Test, weitere Informationen über einen möglichen Rollout des Features liegen aktuell nicht vor.
Im Oktober hat TikTok das sogennante “Search Toggle“ eingeführt: Neben den Ergebnissen in der “For You“-Seite können die Werbeanzeigen auch in den Suchergebnissen erscheinen. Werbetreibende können darüber hinaus Einblicke in die Suchanfragen der Nutzer:innen erhalten und basierend auf diesen Insights angepasste Creatives erstellen. Momentan ist die Auslieferung deutlich geringer als bei der Platzierung auf der „For You“-Seite und die Platzierung in den Suchergebnissen kann nicht separat gebucht werden. Es ist jedoch vorstellbar, dass dieses Feature sich zukünftig weiterentwickelt und an Relevanz gewinnt.
Es dreht sich jedoch nicht alles nur um Instagram und TikTok. Einige Plattformen werden oft vergessen, wenn es um die Suche geht. Bei Pinterest steht die Suche nach inspirierenden Inhalten seit Jahren im Vordergrund bei der Nutzung der Plattform. Und bei Reddit findet man mithilfe der Suchfunktion Antworten auf jegliche Fragen oder Communities zu den Themen, die von Interesse sind. Auf Reddit sind die Ergebnisse am häufigsten in Textform, auf Pinterest in Bild- oder Video-Form.
Schon 44 Prozent der User:innen von 18 bis 64 Jahren verwenden soziale Netzwerke als primäre Quelle für Markeninformationen. Das Verhalten der Nutzer:innen auf den Plattformen verändert sich, und auch der Wunsch nach interaktiven und visuell ansprechenden Suchergebnissen steigt. Im Jahr 2023 haben Werbetreibende einige zusätzliche Tools erhalten, um User:innen bei Suchanfragen anzusprechen. Wie sich das Suchverhalten auf sozialen Netzwerken im kommenden Jahr entwickeln wird und ob Werbetreibende noch mehr Nutzer:innen über die Suche erreichen können, bleibt abzuwarten.
2. UGC-Inhalte vor allem auf TikTok nicht wegzudenken: Der Weg von Hochglanz-Werbung hin zu authentischen Inhalten
Der Anteil von Videoinhalten am gesamten globalen Internet Traffic ist inzwischen enorm hoch und dominiert die Social-Media-Welt. Plattformen wie Meta, YouTube oder gerade TikTok setzen daher schon seit einigen Jahren verstärkt darauf, weitere Videoformate zur Verfügung zu stellen. TikTok ohne Short-Form-Videos? Eigentlich undenkbar. Mittlerweile haben auch Plattformen wie YouTube verstanden, dass Videos der einfachste Weg sind, User:innen anzusprechen. 90 Prozent der mobilen Nutzer:innen teilen Videoinhalte auf sozialen Plattformen. Das sind deutlich mehr Shares als Texte und Bilder zusammen. Wenn Unternehmen authentische Videos auf Social Media teilen, passiert es nicht selten, dass User:innen für die Verbreitung der Videos sorgen und damit als Multiplikatoren einer Brand fungieren. UGC ist von Video-Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube nicht mehr wegzudenken.
Da UGC-Videos zumeist echte Erfahrungen von echten Menschen zeigen, gelten sie als besonders authentisch und glaubwürdig. Und genau diese Authentizität müssen sich Brands auf diesen Plattformen zu eigen machen. Das Jahr 2023 hat immer eindrücklicher gezeigt, dass Unternehmen mehr und mehr umdenken müssen: Weg von Hochglanz-Werbung hin zu authentischen Inhalten, die die Identifikation von User:innen mit der Marke fördern.
UGC-Inhalte stärken somit die Verbindung zu Follower:innen und wirken sich positiv auf Markenimage und Kaufentscheidungen von Konsument:innen aus. Zudem wurde im Jahr 2023 UGC nicht nur als strategisches Instrument in der Markenführung, sondern auch gezielt im Online-Marketing eingesetzt. So lassen Suchmaschinen wie Google User-Signale wie Bewertungen und Kommentare in ihr Ranking einfließen. Der Einfluss geht also über die üblichen Social-Media-Plattformen hinaus und stärkt das Markenimage auch dort. User:innen können somit selbst Teil einer Kampagne für z.B. eine Neueinführung eines Produktes oder einer Gewinnspiel-Challenge werden.
Gerade im Hinblick auf die Faktoren Authentizität, Transparenz, Kosteneffizienz und Erhöhung der Reichweite bleiben UGC-Inhalte für Short-Form-Videos auch weiterhin ein essenzieller Baustein einer jeden Marketing-Strategie. Gerade wenn es auf Plattformen wie TikTok darum geht, möglichst schnell die aktuellen Trends mitzugehen und geeigneten, authentischen UGC abzubilden.
3. Von Twitter zu X zu Threads
Über die Entwicklung der Plattform für Werbetreibende in Deutschland, die Veränderung von Twitter zu X und Alternativen, die gerade den Markt erobern.
Ein Jahr Elon Musk
Im Oktober 2022 wurde die Social-Media-Branche erneut aufgerüttelt: Elon Musk kaufte eine der wichtigsten Social-Media-Plattformen: Twitter. Seitdem ist vieles nicht mehr, wie es war. Die Plattform wurde von Elon Musk umbenannt zu „X“, viele Unternehmen und Werbetreibende haben ihre Aktivitäten auf der Plattform drastisch eingeschränkt oder haben sich gänzlich abgewandt. Grund hierfür waren vor allem die Zunahme von Hass und Desinformationen auf der Plattform. Sichere Accounts sind seither immer schwerer erkennbar, da jede:r User:in einen blauen Verifizierungs-Haken erwerben kann. Für viele Marken ein entscheidender Grund, sich von einem unsicheren Werbeumfeld zu lösen.
Nicht nur die Werbeerlöse sanken, sondern auch viele User:innen wandten sich von X ab. Offizielle Zahlen gab X bisher nicht bekannt, aber Nutzerzahlen sollen um ca. 15 Prozent gesunken sein. Diese Entwicklung hat starke Spuren hinterlassen, sodass die Einnahmen von X stark gesunken sind. So setzt Musk seit Mitte 2023 auf Abo-Einnahmen und entwickelt seither unterschiedliche Modelle.
Was hat sich für Werbetreibende verändert?
Seit der Übernahme durch Elon Musk hat X eine deutliche technologische Transformation erfahren. Zahlreiche neue Funktionen wurden eingeführt, wobei Videos eine erhebliche Rolle spielen. Musk verfolgt seit Langem die Vision einer Multifunktions-App für X. Laut eigener Aussagen sollen in Zukunft auch Sprach- und Videoanrufe in X integriert werden.
Ohne Twitter Blue ist keine Einrichtung von Werbeaccounts möglich. Seit dem 21. April 2023 müssen Accounts verifiziert sein, um weiterhin auf Twitter Werbung zu schalten. Dies bedeutet konkret, dass Agenturen, Unternehmen oder Einzelpersonen entweder das Twitter-Blue-Programm abonnieren oder als “Verified Organization” gelten müssen. Für Accounts, die monatlich mehr als 1.000 US-Dollar für Werbung auf Twitter ausgeben, wird es keine Unterbrechung geben. Diese Business-Accounts verfügen bereits über ein goldenes Häkchen oder werden es in Kürze erhalten. Nutzer:innen mit solchen Accounts müssen sich vorerst keine Sorgen machen und können ihre Werbeanzeigen auf Twitter weiterhin ohne Unterbrechung schalten, erklärt Twitter.
Welche Alternativen gibt es?
Meta arbeitet seither mit Hochdruck an einer Alternative: Threads. Die Plattform wurde Anfang Juli 2023 in 100 Ländern gelauncht und wurde überraschend Mitte Dezember auch für Instagram-User in der EU freigeschaltet. Wie sich diese Plattform in Deutschland entwickeln wird, ist noch ungewiss. Auch ist noch unklar, wann es Werbemöglichkeiten auf Threads geben wird. Laut Meta müssen die User-Zahlen dafür etwa denen von Facebook und Instagram entsprechen. Werbetreibende in Deutschland müssen sich somit noch etwas gedulden, könnten in der Zwischenzeit aber auch auf weitere Alternativen wie Reddit oder Mastodon ausweichen.
Head of Social Media Advertising