Momentan passiert recht viel bei den Social-Media-Plattformen, vor allem in Europa. Neue Gesetze erfordern Veränderungen in den Datenschutz-Regelungen, die bereits (teilweise) angekündigt wurden. Welche das sind und wie man darauf reagieren sollte, wird im Folgenden erläutert.
Von Daniela Pastere, Head of Social Media Advertising
Ab dem 17. Februar 2024 tritt das Gesetz über digitale Dienste (engl. Digital Services Act oder DSA) in allen EU-Staaten in Kraft. Dieses regelt die Pflichten digitaler Dienste, welche die Rolle eines Vermittlers haben und Verbraucher:innen den Zugang zu Waren, Dienstleistungen und Inhalten ermöglichen. Für große Dienste wie Meta oder Google wirkt das Gesetz bereits seit dem 25. August 2023. Um den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen (oder im Fall von Meta weitere Verstöße gegen die bestehenden Datenschutz-Regelungen zu vermeiden), wurden schon einige Änderungen angekündigt, die sicherlich alle Werbetreibenden im Bereich Social Media Advertising betreffen werden.
Seit Anfang des Jahres haben bereits drei Social-Media-Plattformen die Änderungen in den Richtlinien für das Targeting von Nutzer:innen von 13 bis 17 Jahren in der EU sowie in UK angekündigt:
- Auf TikTok wird Nutzer:innen in Europa im Alter von 13 bis 17 Jahren überhaupt keine personalisierte Werbung mehr gezeigt, die auf ihren Aktivitäten (auf oder außerhalb von TikTok) basieren. Deadline für die Änderung ist nach eigenen Angaben der 28. August.
- Bei Snapchat sind im Zuge der Änderung die meisten Optimierungsziele weggefallen, übrig bleibt nur die Option der Optimierung auf Impressionen. Auch beim Targeting wurden die Möglichkeiten stark reduziert: So können Alter, Platzierungen, Sprache, Location und Geräte können ausgewählt werden, um die gewünschte Zielgruppe anzusprechen. Die Änderungen gelten seit dem 14. August: Die Anzeigengruppen oder Kampagnen, die den neuen Richtlinien nicht entsprechen, werden pausiert.
- Seit dem 20. Februar 2023 wurden auf Meta diverse Targeting- und Optimierungsoptionen bei der Ansprache von Jugendlichen entfernt. Bereits seit 2021 wurden die Targeting-Möglichkeiten stark eingeschränkt: Nach dieser Änderung konnte lediglich Geschlecht, Alter und Location ausgewählt werden. Seit diesem Jahr entfällt das Geschlechter-Targeting, und beim Standort-Targeting ist es nicht mehr möglich, Orte auszuwählen, die kleiner als eine Stadt sind, wie z.B. Postleitzahlen oder der Radius um einen bestimmten Ort. Das Format Advantage+ Catalogue Ads steht auch nicht mehr zur Verfügung für die jüngere Zielgruppe. Auch einige Platzierungen und Optimierungsziele wurden entfernt. Die Kampagnen können nur noch auf Impressionen, Reichweite, Link-Klicks und Off-site Conversions optimiert werden. Die Gebotsstrategie „ROAS“ sowie Lift Tests können dabei auch nicht mehr ausgewählt werden.
Wie lässt sich unter diesen Neuerungen eine Pausierung ganzer Kampagnen vermeiden und was ist konkret zu tun?
- Dem Algorithmus vertrauen und breiter targeten: Oft performen breite Zielgruppen sogar besser als ein spezifisches Targeting.
- Die Zielgruppe erweitern, sofern sinnvoll, um auch Nutzer:innen über 18 Jahren zu erreichen.
- Die Ziele der Kampagnen anpassen: Falls eine Optimierung auf ein bestimmtes Ziel nicht mehr möglich ist, können im Creative oder der Postingline die nächsten Schritte mithilfe eines Call-to-Action betont werden.
- Fokus auf Creatives, die für die jüngere Zielgruppe relevant und ansprechend sind, zum Beispiel, Jugendliche in den Werbemitteln zeigen.
- Bei Kampagnen, die sowohl unter 18-Jährige und ältere Nutzer:innen targeten, kann eine Aufteilung der Kampagne in zwei Anzeigengruppen sinnvoll sein: Eine Anzeigengruppe für Jugendliche mit offenem Targeting, und eine Anzeigengruppe, wo Nutzer:innen über 18 Jahren mit den gewohnten Targeting-Optionen angesprochen werden.
Neben den strengeren Bestimmungen in Bezug auf die junge Zielgruppe, gibt es noch eine andere große Veränderung, die Meta betrifft. Nach der Strafzahlung in Höhe von 390 Millionen Euro aufgrund des Datentransfers von personenbezogenen Daten in die USA hat die Irish Protection Comission (DPC) Meta aufgefordert, die Verarbeitung der Nutzer:innendaten an die DSGVO-Gesetze anzupassen. Nun ändert Meta die Rechtsgrundlage vom “berechtigten Interesse” zur “aktiven Einwilligung”. Das bedeutet, dass Nutzer:innen ähnlich wie im Zuge des iOS 14 Updates zukünftig ein Pop-up–Fenster mit der Frage bekommen werden, ob ihre Verhaltensdaten auf der Plattform weiterhin für Werbezwecke verwendet werden dürfen.
Ist der/die User:in nicht einverstanden, erhält er/sie keine verhaltensbasierte Werbung mehr.
Norwegen hat bereits vor dieser Ankündigung verhaltensbasierte Werbung auf Meta zunächst für drei Monate verboten, bei einem Verstoß hat Meta mit einer täglichen Strafe zu rechnen, es sei denn, Meta holt die Einwilligung von Nutzer:innen dafür ein.
Derzeit gibt es noch keine Timeline für diese Umstellung und Meta betont, dass personalisierte Werbung zukünftig weiterhin möglich sein wird. Wann genau diese umgesetzt wird und welche Auswirkungen diese Änderung auf die Zielgruppengrößen personalisierter Werbung und auf die Kampagnen-Performance haben wird, bleibt abzuwarten. Der Anteil der Nutzer:innen, die damals beim iOS 14 Update ihre Einwilligung gegeben haben, war in Deutschland mit knapp über 10 Prozent ziemlich gering, was darauf schließen lässt, dass Werbetreibende diesem Thema in nächster Zeit besondere Aufmerksamkeit widmen und schnell auf die Änderungen reagieren müssen, damit die Kampagnen noch die relevante Zielgruppe erreichen können.
Es lohnt sich, schon vor den großen Änderungen diverse Tests zu machen und zu analysieren, welche Optionen auch ohne granulares Targeting für eine gute Performance der Kampagnen sorgen. Man kann vor allem die Gestaltung der Creatives perfektionieren, breitere Zielgruppen testen sowie KI–Tools und Formate von den Plattformen für sich entdecken, wie z.B. die Advantage+ Suite von Meta. Es bleibt auf jeden Fall spannend, welche Veränderungen auf uns in diesem Bereich in nächster Zeit zukommen werden.
Head of Social Media Advertising